Transparenz Check: 26 Smartphone Hersteller im Vergleich

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Dass Smartphones in der Regel auf unfairen Herstellungsbedingungen beruhen, haben wir bereits des Öfteren thematisiert und kritisiert. Anstelle der üblichen Smartphone-Vergleichs-Tests ging es uns in unserem aktuellen Vergleich primär um die Hersteller bzw. deren Offenheit und Transparenz in Sachen Herstellung/Produktion. Hierbei haben wir insgesamt 26 Hersteller auf Angaben über Herstellungsbedingungen auf den Unternehmens-Websites überprüft. Was dabei herauskam und wie die einzelnen Unternehmen und auf Ihren Firmenauftritten kommunizieren, das zeigen wir in unserem großen Smartphone-Hersteller Transparenz Test.

 

Leider legen viele Kunden beim Kauf eines Smartphones den Hauptfokus nur auf Technik, Qualität und Marke. Geld spielt oftmals bei Markengeräten keine Rolle. 700 EUR und mehr für ein Gerät, welches das Objekt der Begierde darstellt, rücken in den Hintergrund. Apple ist für viele längst zu einer Art Religion geworden und für die Geräte übernachten Kunden auch gerne einmal vor einem Laden, nur um als erster mit einem Selfie aus dem Store zu rennen. Den Herstellern geht es dabei in erster Linie natürlich um Profit, Gewinnmaximierung und Wettbewerb. 

Die Sache mit den Herstellungsbedingungen wird leider von beiden Seiten nicht immer so ganz wahrgenommen. In einer Konsumgesellschaft, wie wir sie zurzeit haben, fehlen einfach das Bewusstsein und der Informationsbedarf in Sachen Herstellung. Natürlich gibt es immer mehr Kunden, die bereit sind, mehr Geld für faire Produkte zu zahlen. Zum Beispiel bei Lebensmitteln, die mit gewissen Gütesiegeln bestückt sind. Der Grund, warum es noch kein „faires Gütesiegel“ für Smartphones gibt ist ganz einfach: Es gibt zurzeit kein einziges Smartphone weltweit, welches zu 100% fair hergestellt wird. Hersteller, die das Gegenteil behaupten und suggerieren, dass in ihren Ketten alles absolut überprüfbar und korrekt auflaufen würde, sind unseres Erachtens unglaubhaft. 

Wir haben uns die Thematik zum Anlass genommen und uns 26 bekannte Handyhersteller, bzw. deren Websites genauer unter die Lupe genommen. 

 

Liste der 26 überprüften Smartphone Hersteller

  • Acer
  • Alcatel
  • Apple
  • Archos
  • Asus
  • Blackberry
  • Caterpillar
  • Coolpad
  • Doro
  • Fairphone
  • Haier
  • HONOR
  • HTC
  • HUAWEI
  • Lenovo (Motorola, MEDION)
  • LG
  • Microsoft/Nokia
  • Mobistel
  • Neffos
  • OnePlus
  • Samsung
  • Shiftphone
  • SONY
  • Wiko
  • Xiaomi
  • ZTE 

Samsung kommuniziert in Sachen Zulieferer und Herstellung auf der Website erstaunlich offen und unterstütze zwar das Verbot von Konfliktmineralien, wie zum Beispiel aus der sogenannten Demokratischen Republik Kongo, doch hätte sich dafür entschieden, anstatt die Beziehung zu den nicht konformen Lieferanten zu beenden, mit ihnen zusammenzuarbeiten. Infolgedessen suche Samsung nach Art und Weisen, die Verwendung von Konfliktmineralien in allen seinen Produkten zu beseitigen. Mehr Infos über Samsungs Verpflichtungen und das proaktive 

Engagement mit verschiedenen Brancheninitiativen, die sich mit den Problemen rund um Konfliktmineralien befassen, gibt es hier.

Seit 2013 ist Samsung bereits Mitglied der Indonesian Tin Working Group, die sich laut eigenen Aussagen gemeinsam mit der Zivilbevölkerung, der Electronic Industry Citizenship Coalition (EICC) und gleichgesinnten Technologie-Unternehmen dem nachhaltigen Zinn-Abbau auf den Bangka-Belitung Inseln widmen. Das Ziel sei es, unter Einbindung aller Beteiligten einen Prozess für die verantwortungsvolle Beschaffung von Mineralien zu etablieren. Des Weiteren strebe Samsung an, durch sorgfältige Prüfung gemäß der entsprechenden OECD Empfehlungen, vollständig auf die Verwendung der Konfliktmineralien (Tantal, Zinn, Wolfram und Gold) zu verzichten.

Samsung hat zudem ein internes Trade Compliance System (TCS) eingerichtet, um effizient Informationen zu Konfliktmaterialien und Compliance verwalten zu können. Außerdem nimmt Samsung am Conflict Free Sourcing Program (CFSP) der EICC teil. Samsung Electronics bemühe sich zudem, seine Menschenrechts- und Umweltverpflichtungen in der gesamten Lieferkette vollständig umzusetzen und einzuhalten. Im Einklang damit arbeite Samsung „unermüdlich daran, dass Arbeitsumgebungen an allen unseren Arbeitsplätzen internationalen Standards und Richtlinien entsprechen“. Jeder Lieferant, mit dem Samsung Geschäfte macht, müsse sich an den SAMSUNG eigenen Verhaltenskodex wenden.

Bezüglich Kinderarbeit gibt Samsung an, dass die interne Politik gegen Kinderarbeit auf dem UN-Übereinkommen über die Rechte des Kindes, den Grundsätzen der Kinderrechte und der Geschäftsgrundsätze und dem ILO-Übereinkommen basieren würde. Es erfordere zudem aller Tochtergesellschaften, sowie aller Lieferanten, diese Politik einzuhalten. Dementsprechend müssten alle unsere Tochtergesellschaften und Zulieferer dem strengen Beschäftigungs- und Altersnachweis entsprechen. Samsungs Politik gegen Kinderarbeit arbeite nach dem "Null-Toleranz" -Prinzip, was bedeutet, dass Kinderarbeit in jedem Stadium des Unternehmens inakzeptabel und unerträglich sei. Samsungs unterstütze zudem das „beste Interesse der Kinder“. (Nachzulesen im Nachhaltigkeitsbericht, Seite 189).

In Bezug auf die Fertigungsstätten ist SAMSUNG jedoch nicht besonders aussagefreudig. Vermutlich liegen mehrere Fabriken in Vietnam. Laut diesem Medienbericht produzieren auch Nokia, Intel, LG und weitere Hersteller dort oder bauen neue Fabriken. Der Grund: Da Smartphones in Handarbeit zusammengesetzt werden ist Vietnam als Produktionsstandort zurzeit interessanter als China. Vietnamesische Arbeiter verdienen zudem rund 150 Dollar im Monat, was weniger als halb so viel ist wie bei Arbeitern in Shenzhen/China. Infos über die Richtlinien, bzw. den Verhaltenkodex finden wir im Supplier Code of Conduct.

Unser Gesamteindruck von Samsungs Transparenz war zunächst sehr positiv, da viele, äußerst umfangreiche Berichte der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Dennoch: Trotz aller Auskünfte, Teilnahme an Organisationen, und trotz den Engagements in Form eigener Projekte bleibt uns auch hier ein gewisser Beigeschmack. Wörter wie Bestreben, Bemühungen, Anstrengungen genügen uns nicht. Genauso wenig wie Richtlinien und Leitfäden, welche bei Zuwiderhandlungen keine oder wenig Folgen für Hersteller und Zulieferer haben. Undurchsichtig bleibt, wer und wie oft prüft, ob Regeln eingehalten werden.

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Weiter geht es mit Apple. Unter diesem Link ist Apple ebenfalls sehr aussagefreudig. Es werden sogar Listen über Zulieferer und Schmelzwerke veröffentlicht. Zudem gibt es viele weitere Dokumente und Auskünfte, die viele unserer Fragen abdecken. Interessant ist hierbei vor allem der Bericht zu den sogenannten Konfliktmineralien. Hier gesteht Apple sogar ein, dass Apple „nicht genügend Informationen hat, um die Herkunftsländer der Mineralien in allen Produkten endgültig zu bestimmen“. Auf Seite 30 wird u.a. auch die demokratische Republik Kongo genannt. Zudem Kenia, Namibia, Zambia und viele weitere Länder, wo es schwer ist, Nachweise für eine faire Behandlung von Minenarbeitern zu finden und es umso leichter ist, Menschen auszubeuten.

Vielen Medienberichten zufolge ist das Problem in Konfliktgebieten wie im Kongo ein besonders großes, globales Problem, auf welches auch schon Amnesty International aufmerksam gemacht haben. Nicht nur bei der Smartphone-Herstellung profitieren viele Großkonzerne von Kinderarbeit, sondern auch in vielen anderen Bereichen wo derartige Mineralien benötigt werden. Zum Beispiel bei Computern/Laptops, Fernsehgeräten, Waschmaschinen, Autos und Spielkonsolen. Letztere werden oftmals zynischer Weise von Kindern hergestellt.

Die Konfliktmineralien Tantal (Coltan), Zinn, Wolfram und Gold werden in Fertigungsgütern vieler Branchen genutzt, darunter Luft- und Raumfahrt, Automobil-, Elektronik-, Schmuck-, Medizin-, Werkzeug- und Werkzeugbau. Neben den vier Konfliktmineralien ist auch Kobalt ein höchst umstrittenes Mineral, denn auch Kobalt wird u.a. im Kongo unter äußerst schlimmen Arbeitsbedingungen gewonnen. Kobalt wird überwiegend zur Herstellung von Lithium-Ionen-Batterien benötigt, die auch in Laptops oder Elektroautos verbaut werden. Apple versucht, die Arbeitsbedingungen beim Kobaltabbau im Kongo zu verbessern.

Nach einem Bericht der Washington Post hat Apple temporär den Ankauf von Kobalt, welches unter anderem im iPhone-Akku verwendet wird, aus Minen gestoppt, in denen von Hand abgebaut wird. Probleme mit Kinderarbeit und schlechten Arbeitsverhältnissen würden aber weiterhin bestehen. Das UN-Hilfswerk schätzt die Zahl der minderjährigen Arbeiter in den Minen Kongos auf rund vierzigtausend. Ob und in wie weit Apple nun wirklich hier signifikante Verbesserungen bewirkt oder nur anstrebt wissen wir nicht. Der Ansatz und eine Form des Bewusstseins sind jedoch offenbar vorhanden, was auch dieser Bericht zeigt.

In Sachen Produktionsbedingungen habe Apple im Jahr 2016 sogar „wöchentlich die Arbeitszeiten bei Zulieferern überprüft“. Apple hätte im Zuge dessen das Ergebnis aus dem letzten Jahr verbessert und die Einhaltung der 60-Stunden-Woche, bzw. der Richtlinien zu Arbeitszeiten in 98 % aller Arbeitswochen erreicht. Diese basiere auf Standards der International Labor Organisation und der EICC, die die Arbeitszeit auf nicht mehr als 60 Stunden pro Woche begrenzt und mindestens einen freien Tag alle sieben Tage garantiert. Das bedeutet im Klartext, dass sich die Fertigungsstätten an diese Richtlinien halten müssten und Apple darüber Bericht erstatten sollen. Laut dem Richtmaß dürfen Fabriken demnach ihre Mitarbeiter dazu verpflichten, sechs Tage in der Woche a 10 Stunden am Fließband zu arbeiten. Dieser Standard steht auch in den "Code of Conducts" vieler anderer Smartphone-Hersteller. Im Ganzen heisst es im Text der EICC, dass "eine Arbeitswoche, einschließlich Überstunden nicht mehr als 60 Stunden pro Woche sein sollte, außer im Notfall oder in außergewöhnlichen Situationen.

Beispiele für solche Situationen sind laut EICC:

Ausfall der Anlage, Stromausfall oder ein „sonstiger Notfall“, der zu einem längeren Zeitpunkt dazu führt, die Produktionsreihe abzuschalten.

Unvorhergesehene Roh- oder Bauteilmängel oder Qualitätsprobleme, die die Produktion beenden.

Die übermäßigen Überstunden werden dann in beiden Situationen benötigt, um verlorene Produktionszeiten zurückzugewinnen um Kundenverpflichtungen zu erfüllen.

Das bedeutet im Detail, dass Fabrikarbeiter- auch jugendliche- auf Basis dieser Gegebenheiten theoretisch auch 70, 80, 90 oder mehr Arbeitsstunden pro Woche leisten müssen.  

Medienberichten zufolge halten sich jedoch längst nicht alle Zulieferer an vorgegebene Zeiten in den Richtilinien. Paradebeispiele sind große Fertigungsstätten wie Foxconn und Pegatron. Berichte über Menschen, die bei Foxconn den Druck nicht mehr aushielten und in den Tod sprangen, gibt es u.a. noch HIER und HIER nachzulesen. Das „Selbstmord-Problem“ wurde nach den Vorfällen durch Auffangnetze und Anti-Selbstmord-Klauseln „gelöst“. Der chinesische Zulieferer Pegatron stand kürzlich in der Kritik. Ein Report der amerikanischen Non-Governmental Organisation China Labor Watch (CLW) prangert exzessive Überstundenkontingente an. Im Jahr 2015 seien im Durchschnitt 80 Stunden Mehrarbeit pro Monat geleistet worden, und im März 2016 sei dieser Umfang auf mehr als 100 Stunden gestiegen. Sogar Praktikanten hätten weit über die reguläre Arbeitszeit hinaus arbeiten müssen. Auch gibt es immer wieder Berichte von investigativen Reportern, die sich durch heimliches Einschleusen ähnliches berichten.

Informationen von Angestellten sind meist sehr schwierig zu bekommen, da sie Angst um ihre Arbeitsstelle haben. Noch schwieriger wird es Minenarbeiter im Kongo oder Indonesien zu befragen. Von einer Gewerkschaft können Produktionsarbeiter und Minenarbeiter meist nur träumen. Es gibt aber scheinbar auch positive Ansätze seitens von Apple, so versuche der Konzern, laut einem Bericht der Washington Post, die Arbeitsbedingungen beim Kobaltabbau im Kongo zu verbessern. Dem Bericht zufolge habe der Großkonzern temporär den Ankauf von Kobalt (das unter anderem im iPhone-Akku verwendet wird) aus Minen gestoppt, in denen von Hand abgebaut wird. Probleme mit Kinderarbeit und grundsätzlich harschen Arbeitsverhältnissen gäbe es jedoch nach wie vor. Ob diese Vorgehensweise genügt, bleibt abzuwarten.

Unser Gesamteindruck von Apples Transparenz war auf den ersten Blick positiv, da besonders viele Angaben publik gemacht werden und offenbar für die Thematik ein Bewusstsein da ist. Dennoch lesen wir auch hier noch Dinge, die uns daran zweifeln lassen, ob eine ausreichende Kontrolle in allen Lieferketten überhaupt signifikant möglich ist. Apple bemüht sich scheinbar, doch das ist unserer Ansicht nach für ein Großkonzerne mit einem jährlichen Milliardenumsatz nicht gunug. Ob und in wie weit der Hersteller auf alle Missstände Kontrolle hat und sanktioniert können wir trotz aller Dokumente nicht erkennen und bei einem solch großen Unternehmen mit dutzenden von Zulieferern und weiteren Subunternehmern ist das unseres Erachtens auch kaum möglich.

Apples Gewinnspanne des iPhone 7 liegt Medienberichten zu folge beinahe bei 200 Prozent. Apple produziert demnach zu ähnlichen Kosten wie die Konkurrenz, kann aber von den Kunden höhere Preise verlangen. Auf diese Weise gelingt es dem Unternehmen gewaltige Gewinne zu kassieren. Zu welchen Prozentteilen der Überschuss dann an Apples Marketing- und Entwicklungsabteilung, die Lieferkosten und das Finanzamt fließen, bleibt schleierhaft. Ein hoher Preis ist bei einem Smartphone somit auch kein Indiz, ob nun am anderen Ende der Lieferkette genügend Lohn gezahlt wird.  

Unser nächster großer Testkandidat ist LG Electronics. Auch hier sind wir über die Offenheit auf der Website erstaunt. Wir sehen zwar nicht so ausführliche Texte, dafür klingen diese ebenfalls sehr vielversprechend. Unter diesem Link wird wieder von Richtlinien gesprochen, die u.a. besagen, dass keine Konflikt-Mineralien in LG Produkten enthalten sein dürfen, die aus Quellen stammen, die bewaffnete Gruppen im Kongo finanzieren oder in angrenzende Regionen abgeleitet werden. LG verpflichtet sich laut eigenen Aussagen alle Lieferanten sich an den LG-eigenen Verhaltenskodex zu halten. Darüber hinaus verlangt LG von seinen Zulieferern, den LG-Lieferanten-Verhaltenskodex auf der Grundlage des Verhaltenskodex der elektronischen Industrie-Staatsbürgerschaft-Koalition (ElCC) einzuhalten, der die strengen Standards festlegt und Bestimmungen über die Menschenrechte enthält. U.a. ist hier das ethische Verhalten, der Umweltschutz sowie zusätzliche Bestimmungen über Konfliktmineralien enthalten. Der Fortschrittsbericht von LG ist- wie auch bei Apple- online downloadbar.

Unser Gesamteindruck von LG‘s Transparenz ist ähnlich wie bei Samsung und Apple. Man bekommt das gute Gefühl, dass alles nach geordneten Bahnen verläuft und dazu jede Menge Informationen. Immerhin werden Konfliktmineralien von allen drei Herstellern überhaupt wahrgenommen und angesprochen. Zudem beteuern alle drei Smartphone-Riesen, dass sie alles dafür tun, um keine Missstände in ihren Lieferketten zu haben. Nachprüfen lassen sich diese Dinge aus unserer Sicht nicht! Schon gar nicht aus Kundensicht. Gerade große Smartphone-Hersteller wie Apple, Samsung und LG können unserer Auffassung nach nicht jeden Zulieferer und deren Subunternehmen überprüfen.

SONY kommuniziert in Sachen Herstellung unter diesen Link: Sony verweist u.a. auf die Einhaltung des Umweltschutzes und der Menschenrechte. Kinderarbeit würde es laut diesem Bericht bei der SONY Group nicht geben. Wobei man hier die Definition Kind genauer definieren muss. Bis zum 14. Lebensjahr gilt eine Person als Kind. Gemäß des „Code of Conduct“ von Sony wird es sogar geduldet, wenn Arbeiter „jünger als 14 Jahre alt sind“, sofern die Definition im jeweiligen Land unter der üblichen liegen würde. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass nach deutscher Definition sehr wohl Kinderarbeit geduldet wird. Jugendliche dürfen gemäß des deutschen Jugendarbeitsschutzgesetzes nicht mehr als acht Stunden täglich und nicht mehr als 40 Stunden wöchentlich beschäftigt werden. Von diesen Höchstgrenzen können Minen- oder Fabrikarbeiter nur träumen, ganz zu schweigen von den Gehältern. Über Arbeitszeiten finden wir in dem Bericht keine Angaben. Dafür gibt es einen Konfliktmineralien-Report.

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Microsoft gibt auf dieser Webseite an, dass das Unternehmen sich „verpflichtet, die Menschenrechte von allen zu respektieren“. Durch die globale Menschenrechtserklärung von Microsoft und als Unterzeichner des UN Global Compact würde sich der Hersteller verpflichten, Menschenrechtsbündnisse und Erklärungen der UN und OHCHR zu beachten. Zudem gibt es auch einen Konfliktmineralien-Report. Auch der Umweltschutz würde ernstgenommen werden. In wie weit hier wirklich bis in alle Lieferketten fair gehandelt wird, können wir nicht abschätzen. In Anbetracht dessen, dass es das das Lumia 630 zum Zeitpunkt der Berichterstattung bereits für 99 EUR im Handel gibt, ist es schwer vorstellbar, dass hier Menschen am anderen Ende der Kette davon leben können.

Weitere, öffentlich zugängliche CSR-Berichte gibt es von:

HTC

Huawei

Lenovo

CATERPILLAR

Acer

Alcatel

Asus

Blackberry

Haier

ZTE

Das Gesamtergebnis unsere Vergleichs:

  • Acer
  • Alcatel
  • Apple
  • Archos
  • Asus
  • Blackberry
  • Caterpillar
  • Coolpad
  • Doro
  • Fairphone
  • Haier
  • HONOR
  • HTC
  • HUAWEI
  • Lenovo (Motorola, MEDION)
  • LG
  • Microsoft/Nokia
  • Mobistel              
  • Neffos
  • OnePlus
  • Samsung
  • Shiftphone
  • SONY
  • Wiko
  • Xiaomi
  • ZTE

Rot= Keine Angaben - Schwarz = wenig Angaben - Grün= Ausführliche Angaben (zum Zeitpunkt der Berichterstattung)

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Fazit: Wir waren überrascht, wie viele Hersteller scheinbar offen und transparent in Sachen Herstellungsbedingungen kommunizieren: 15 von 26 Herstellern haben auf ihrer Unternehmens-Website viele Informationen rund um die Herstellungsbedingungen öffentlich zugänglich gemacht. Leider konnte jedoch kein einziger Bericht alle unsere Fragen zufriedenstellend beantworten. Zu sehr beherrschte oftmals der Konjunktiv den Grundkontext und häufig waren wichtige Berichte nur auf englischer Sprache verfügbar oder identisch mit denen von Konkurrenten. Neun Hersteller haben keine Infos über die Herstellung/Produktion angegeben. 

Viele Hersteller sprechen oftmals von der sogenannten Corporate Social Responsibility, kurz CSR, was so viel wie die unternehmerische Gesellschaftsverantwortung oder auch unternehmerische Sozialverantwortung bedeutet. Diese umschreibt den freiwilligen Beitrag der Wirtschaft zu einer nachhaltigen Entwicklung, der über die gesetzlichen Forderungen hinausgeht. Uns viel im Vergleich auf, dass sich viele CSR-Berichte sowie Verhaltenskodexe im inhaltlichen Aufbau und Kontext ähnelten. Die als PDF bereitgestellten Code of Conducts waren sogar bei manchen Herstellern an manchen Passagen 1:1 gleich. Auch gibt es scheinbar viele Lücken, die Hersteller ausnutzen können, um mit ihren Standards nach außen hin im Reinen zu sein, während bei Zulieferern andere Gepflogenheiten herrschen. Zum Beispiel was lange Arbeitszeiten, Bezahlung und die Beschäftigung Minderjähriger betrifft. Hier verlassen sich viele Hersteller scheinbar nur auf Aussagen von Firmeninhabern oder Prüfern, deren Abhängigkeit nicht ganz klar ist. Hersteller wälzen zudem oft auf Gesetzeslagen anderer Länder ab und meinen somit sich somit der Verantwortung entziehen zu können.  

Die traurige Wahrheit sieht jedoch oftmals anders aus. Aufgrund des hohen Auftragsvolumens vieler Hersteller werden Arbeiter rund um den Globus ausgebeutet und versklavt. So lange weder in der Konsumgesellschaft, noch bei den Hersteller hier ein Umdenken geschieht, wird sich an dieser Lage auch sehr wahrscheinlich nie etwas ändern. Ausländische Arbeitskräfte sind nun einmal günstig und ersetzbar. Was kann getan werden, um diese Dinge nachhaltig und effektiv zu ändern? Ein Boykott wäre für alle Seiten das Schlechteste. Die Lösung liegt ferner darin die Prioritäten und Prinzipien zu ändern. Wie bereits in diesem Beitrag berichtet, fehlen uns zudem vom Gesetzgeber klare, gesetzlich vorgegebene Bestimmungen, die bei Nichteinhalten sanktioniert werden.

Fairphone und Shiftphone

Umso mehr freut es uns, dass es auch in Herstellerkreisen Menschen gibt, die ihren Fokus nicht auf Gewinnoptimierung und Wettbewerb setzen, sondern auf nachhaltige Produkte, die fair(er) hergestellt werden, sowie die Umwelt weniger belasten. Der einzige, uns bekannte Hersteller, der diese Ansprüche erfüllt, absolut transparent ist und sogar mit dem Blauen Engel ausgezeichnet wurde, ist Fairphone! Der niederländische Hersteller hat sich uns gegenüber immer als sehr nahbar, offen und freundlich erweisen. E-Mails wurden zudem immer ausführlich und zufriedenstellend beantwortet.

Wir hatten sowohl das erste Fairphone 1 als auch das Fairphone 2 im Test und waren nicht nur von den Produkten, sondern auch von dem niederländischen Unternehmen an sich sehr begeistert. Fairphone bezieht als einziger Hersteller weltweit vier Mineralien aus konfliktfreien Förderstätten. Das Modell der 2. Generation kostete zuletzt 525 EUR. In diesem PDF Dokument werden Käufer genauestens über die Verwendung des Kaufpreises informiert. Ein weiterer Hersteller, der in Sachen Herstellung und Transparenz andere Wege als der Mainstream geht ist Shiftphone. Das deutsche Unternehmen kommuniziert auf ihrer Website ganz offen über das Thema Herstellung, Lieferketten und zeigt ebenfalls, dass dieses Thema von großer Bedeutung ist. Hier werden keine Standard-Klauseln in Leserunfreundlichen, englisch geschriebenen PDFs untergebracht, sondern in klaren Worten offen kommuniziert. Als Beispiel gibt der Hersteller an, nur in kleinen, chinesischen Familienbetrieben fertigen zu lassen, welches sie auch vor Ort besuchen. Zudem würde auf eine faire Bezahlung und angemessene Arbeitsstunden Wert gelegt werden. Von „weniger als 50 Arbeitsstunden“ ist hier beispielsweise die Rede, was ein großer Unterschied ist, zu den üblichen Höchstgrenzen, bzw. Vorgaben anderer Unternehmen. 

Die Beliebtheit des Shiftphones und des Fairphones zeigt, dass auch auf Seiten der Konsumenten immer mehr Kunden Wert auf Fairness und Nachhaltigkeit legen. Wer beim Kauf den Fokus auf Fairness legt, der muss jedoch auch gewisse Abstriche in Kauf nehmen. Zum Beispiel in Sachen Wartezeit und Verfügbarkeit. Die Fertigungs- und Lieferzeiten dauern bei den beiden kleineren Unternehmen natürlich länger. Sowohl das Fairphone, als auch das Shiftphone können zudem noch nicht in denselben hohen Mengen wie ein iPhone produziert werden. Wenn Kunden etwas mehr Geduld aufweisen und somit Arbeitern weniger Leistungsdruck zu Last legen, dann ist dies bereits ein guter Anfang. Hier kann man nur hoffen, dass in Zukunft mehr Kunden beim Kauf eine Smartphones andere Maßstäbe setzen, doch in einer „Jetzt haben Gesellschaft“, wo Statussymbole und Ansehen eine immer größere Rolle spielen, wird es wahrscheinlich noch lange dauern, bis ein kollektives Umdenken geschieht.

Aktiv werden und hinterfragen heißt die Devise! Je mehr Kunden Hersteller mit unbequemen Fragen zu den Herstellungsbedingungen konfrontieren, desto mehr kommen Hersteller in eine Art Zugzwang. 

Weitere Berichte über die unfaire Herstellung von Smartphones gibt es hier:

An unseren Smartphones klebt Blut!

Die Schattenseiten von Smartphones und Co.

Menschenrechte per Gesetz 

Sklavenarbeit für unseren Fortschritt

 

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Bildrechte: testlabor.eu, Fairphone, Amnesty International, Afrewatch, Pixabay, By Steve Jurvetson from Menlo Park, USA (glue worksUploaded by Zolo) [CC BY 2.0 (http://creativecommons.org/licenses/by/2.0)], via Wikimedia Commons, Flickr Philip Wilson CC BY 2.0, Bestimmte Rechte vorbehalten.

 

 

 

 

 

 

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